Wasel aus Bergheim gehört bei Schwerlastlogistik und Krangeschäft zu den 30 größten Unternehmen weltweit. Der Grund dafür: bis ins Kleinste durchdachte Transportprojekte, die so schnell sind, dass der „Transport“-Fotograf ins Schwitzen kommt.
Text: Sven Kamin Fotos: Michael Neuhaus
Noch 15 Minuten bis 22 Uhr, dann soll es losgehen. Auf dem Firmengelände von Balcke-Dürr, Hersteller von Kraftwerkskomponenten im westfälischen Neubeckum, steht das Team von David Wandel und bespricht mit den Beamten die letzten Details der Polizeibegleitung und -absicherung. Wandel leitet den Transportbereich der Wasel GmbH. Für eine namhafte Projektspedition aus der Schweiz sollen die Schwerlastexperten aus Bergheim vier Wärmetauscher im Konvoi zum Umschlag in Hiltrup am Dortmund-Ems-Kanal bei Münster bringen. Mit dabei sind auch die „Transport“-Reporter und Fotograf Michael Neuhaus, ein alter Hase bei der Schwerlastfotografie. Heute Nacht im Fokus: zwei Arocs 4163 bis 250 Tonnen. „Durch die drei Antriebsachsen der Arocs haben wir im Vergleich mit anderen Firmen bei der Traktion schon einen Vorteil“, verrät Wandel.
Wärmetauscher mit 138,8 Tonnen Gewicht
Die beiden dicksten Brocken der Lieferung, die für ein polnisches Kraftwerk bestimmt sind, wiegen 138,8 und 96,7 Tonnen. Sie sind ein Fall für beiden Arocs 4163, die von Sascha Prüfer und David Schmitz gefahren werden und bereits einen Tag zuvor mit zwei Hallenkranen in Neubeckum auf einen 16- und 12-Achser-Plateauanhänger verladen worden sind. Zudem sind heute im Team die Fahrer Timy Hoy, Fred Reuter, Tomislav Martic und Daniel Wilke sowie die Einweiser Lars Schauwinhold und Kevin Czense. Die rund 30 Kilometer lange Route ist allen bekannt. 22 Uhr, Abfahrt. Langsam setzen sich die zwei Begleitfahrzeuge, vier Lkw, ein Werkstattwagen und fünf Streifenwagen der Polizei in Bewegung. Neuhaus im Reporterfahrzeug sputet sich, um noch vor allen anderen den ersten Kreisverkehr zu erreichen. Er weiß: „Für ein scharfes Bild in der Dunkelheit muss er eine Stelle abpassen, an der der Konvoi zum Stillstand kommt – Kreisverkehre sind dafür ideal.
Dort sind die unbefestigten Seitenstreifen bereits am Nachmittag von der Wasel-Mannschaft mit Stahlplatten präpariert worden. So können die Fahrzeuge bei Bedarf mit einem oder mehreren Reifen die Fahrbahn verlassen, ohne den Grünstreifen zu beschädigen.
Auch Straßenschilder sind aus dem Weg geschafft worden: „Ich investiere lieber vorher Zeit als während des Transports“, sagt Wandel, der den Konvoi von seinem Leitfahrzeug mit dem Funkgerät koordiniert. Genau für diese akribische Planung ist Wasel in der ganzen Branche bekannt. „Wenn eine neue Strecke geprüft werden muss, fahre ich diese bis zu dreimal ab, bis die Behörden grünes Licht geben“, sagt David Wandel. „Oft bleiben kleine Brücken zunächst unbemerkt, weil dort ein kleiner Bach unter der Straße hindurchläuft. Wir haben Transporte bis 550 Tonnen Gesamtgewicht durchgeführt, da muss man schon sicher sein, dass die Fahrbahn das auch trägt“, sagt Wandel.
David Wandel, Leiter des Transportbereichs bei der WASEL GmbH
„Durch die drei Antriebsachsen der Arocs 4163 haben wir bei der Traktion im Vergleich mit anderen Firmen schon einen Vorteil“ David Wandel, Leiter des Transportbereichs bei der Wasel GmbH
„Höchstleistungen sind unser Anspruch“ ist das Firmenmotto der Wasel GmbH, die in den vergangenen Jahren mit den Brüdern Thomas und Matthias Wasel an der Spitze von Bergheim aus in die Top 30 der weltweit größten Unternehmen für Schwerlastlogistik und Krangeschäfte aufgestiegen ist. An elf Standorten im Rhein-Ruhr-Gebiet arbeiten insgesamt mehr als 400 Mitarbeiter bei Wasel. Die Schwerlastflotte umfasst 63 Zugmaschinen, davon 25 mit dem Stern. Hinzu kommen mehr als 100 Auflieger und 150 Mobil-, Gitter- und Raupenkrane sowie 350 Turmdrehkrane. „Wir machen Full-Size-Logistik mit Schwergutverpackung, Straßentransporten, Binnenschiffs- und Seeschiffstransporten und Industriemontagen“, sagt Wandel. Mit der schlagkräftigen Kombination von Lkw und Kran ist Wasel bei Großprojekten in den Bereichen Windkraft sowie der Montage von Kraft-, Chemie- und Stahlwerken gefragt.
Mühelose Fahrt durch Kreisverkehre
Inzwischen hat der Konvoi den Kreisel erreicht. Neuhaus blickt durch den Sucher. Alles ist perfekt. Jetzt wird die Fahrbahn enger. Glänzend wie ein Raumschiff gleitet der mächtige Wärmetauscher auf dem Plateauanhänger auf das Rund zu. Gleich müsste der erste Arocs mit dem 138,8-Tonnen-Wärmetauscher anhalten, um zu rangieren. Tut er aber nicht. Alle vier Fahrzeuge fahren sicher und zügig durch den Kreisel. Nun muss Neuhaus an der Kamera zaubern, um überhaupt ein paar scharfe Aufnahmen in den Kasten zu bekommen. Schon verschwindet der Treck funkelnd im Dunkeln. Ein Starlight Express – mit Betonung auf „Express“.
Vielleicht hätte Neuhaus so etwas ahnen können, als Wandel in der Vorbesprechung klarmachte: „Der Fahrer dreht den Schlüssel um und weiß, dass er überall durchkommt.“ Schlecht für den Fotografen: Der Konvoi muss nicht ein einziges Mal bis zum Stillstand runterbremsen. Souverän ziehen, allen voran die Arocs 4163, die langen Plateauanhänger mit ihrer schweren Fracht durch jede enge Passage. Der Einzige, der in dieser Nacht Stress hat, ist Michael Neuhaus. Zufrieden sieht Wandel, wie sein Plan aufgeht und die vier Lkw sicher und weit vor der errechneten Ankunftszeit den Umschlagplatz erreichen. Wer genau hinsieht, erkennt ein verschmitztes Grinsen darüber, dass sein Team einen Profi wie Neuhaus so auf Trab halten kann.
Tunnelblick
„Transport“-Fotograf Michael Neuhaus muss sich sputen, um den Arocs 4163 mit dem 16-achsigen Goldhofer Plateauanhänger rechtzeitig aufs Bild zu bekommen. Denn der gut geplante Wasel-Konvoi ist in dieser Nacht zügig unterwegs.
Mehr sehen auf RoadStars
Ein Video mit Eindrücken vom Transport eines weiteren Kraftwerkmoduls von Neubeckum nach Hiltrup durch Wasel gibt es auf www.roadstars.mercedes-benz.com
Weitere Impressionen in der nachfolgenden Bildergalerie: Fotos: Michael Neuhaus